Nachtschicht

LT Almagrundet vor Sandhamn

Von Visby aus gab es drei Alternativen für die Weiterreise: 1. Gehe zurück auf Los, d.h. zurück nach Byxelkrok oder einen Hafen dort in der Nähe, 2. Bei Westwindlage über Farösund doch noch weiter nach Litauen und Estland und 3. Bei anderen Windrichtungen nach Norden Richtung Stockholmer Schären oder Alands. Zurück nach Byxelkrok war für uns die am wenigsten attraktive Variante. Für die nächsten Tage war Ostwind angesagt, also fielen die Baltischen Staaten nun endgültig ins Wasser. Blieb die Variante in einem langen Schlag nach Norden zu segeln. Für den Freitag und Samstag waren östliche Winde 2-3 Bft. (Freitag) bzw. 3-4 Bft. (Sonnabend) angesagt, also eine gute Gelegenheit, bei moderatem Wind mal eine Nacht durchzusegeln.

Da wir am Freitagvormittag im Hafen immer noch sehr leichten Wind aus NW hatten, wo doch Ost angesagt war, ließen wir es ruhig angehen. Erst um halb zwölf Uhr waren wir unterwegs und segelten Hoch am Wind Gotlands Küste entlang nach Norden. Vielleicht war das hier alles nur Thermik? Also einen Schlag auf See, aber da war es auch nicht anders. Dabei merkten wir deutlich, irgendwo musste Wind aus NE sein, und zwar nicht zu wenig, denn Gotlands Küste hinunter lief immer noch eine ordentliche Dünung, sodass unsere Geschwindigkeit mit durchschnittlich drei Knoten nur recht bescheiden war. Wenn es so flau bleibt doch nach Farösund? Zum Abend hin kam nach einer Flaute von einer Stunde der Wind endlich aus ESE wieder, und zwar gleich so kräftig, dass wir für die Nacht von der großen Genua I auf die kleinere Genua III wechselten. Und damit war die Entscheidung klar, doch weiter nach Norden.

Endlich wieder Schärensegeln – Herrlich!

Als Ansteuerungspunkt wählten wir  LT Almagrundet vor Sandhamn. Dort würden wir so zwischen sechs und sieben Uhr morgens ankommen. Eine gute Zeit um in die Schären einzulaufen, hell, und wir wären beide wieder wach. Außerdem wollte ich dort gerne noch einmal vorbeisegeln, war dies doch der erste Ansteuerungspunkt vor 30 Jahren, als wir mit dem GOCKEL II und der NAUSIKAA in der Regatta von Kiel nach Sandhamn die Schären ansteuerten.

Enja verabschiedete sich irgendwann in die Koje, damit wenigstens einer von uns morgen tagsüber frisch für die Schärenfahrt war, und ich übernahm die Nachtwache. Der Wind nahm wieder etwas ab (wir hätten also ruhig die große Genua dran lassen können) und zwischen ein und zwei Uhr hatten wir wieder eine kurze Flaute, aber ansonsten lief alles planmäßig. Vor der Küste war relativ viel Schiffsverkehr, ich konnte einige kleine Kümos beobachten, auch einen unbeleuchteten Segler konnte ich in der allerersten Morgendämmerung sehen. Um 4:20 Uhr Sonnenaufgang einer blutroten Sonne, dann konnte die Sonne anfangen das Boot zu trocknen, denn vom Tau war alles an Deck pitsche-patsche Nass.

Um sieben Uhr rundeten wir LT Almagrundet, dann den LT Revengrundet, von Sandhamn aus kam uns eine Flotte Folkeboote entgegen, die dort wohl eine größere Regatta segelten (außer Skandinaviern waren auch Deutsche Boote dabei, sogar ein Boot aus den USA konnten wir sehen). Anmerkung: Die Folkebootsegler segeln vor Sandhamn in diesem Jahr den Goldcup aus, die inoffizielle Weltmeisterschaft der Folkeboote. Der Hafen von Sandhamn war total voll, vor allem viele Motorboote fielen mir auf. Vor 30 Jahren waren wir hier morgens im pottendichten Nebel eingelaufen. Und der Hafen war sogar noch voller, denn damals versammelten sich die Teilnehmer zur Gotland-Rund Regatta und wir lagen in Zweierreihen vor den Heckbojen.

Schnelle Motorboote…

Wir hatten überlegt heute noch nach Stockholm weiter zu segeln. Für den Sonntag waren Gewitter und Schauer angesagt und da wäre es doch besser, einen Hafentag einzulegen statt irgendwo hinzusegeln. Weiter ging es durch die Schären, die hier ganz anders aussehen, als vor Karlskrona. Größer, mit mehr Bäumen drauf, nicht so kahl. Mit vielen schönen Häuschen darauf, Menschen, die das schöne Wetter ausnutzen und sich auf den Felsen sonnen, viele Segler unterwegs und noch viel mehr Motorboote. Manche fahren langsam, um nicht so viel Wellen und Krach zu machen, die meisten heizen mit Full Speed durch die Schären. Manche sind trotzdem noch einigermaßen leise, und manche machen einen furchtbaren Lärm dabei, die sollten vielleicht mal ihre Motoren besser lagern oder etwas gegen die Kavitation an ihren Propellern unternehmen 😛

Fliegende Motorboote…

Während ich steuerte, fotografierte Enja Motorboote und machte noch nebenbei die ganze Zeit die Schärennavigation, hakte die Tonnen ab, suchte die nächsten Karten heraus, hatte einen Blick für Abkürzungen (bei Vaxholm konnten wir so einen Schwedischen Segler mit einem größeren Boot überholen, der schon die ganze Zeit etwas verbissen „Regatta“ gegen uns gesegelt war und jetzt sicherlich ins Steuerrad biss) und machte ihren Job so professionell, als ob sie schon seit Jahren in den Schären navigierte :-D.

Kurz vor Stockholm überholten wir dann auch noch unseren zweiten „Gegner“, eine Deutsche Bavaria 43, die schon lange auf dem gleichen  Kurs segelte wie wir. Dann bogen wir nach rechts ab in den „Navishamn“. Der liegt in unmittelbarer Nähe vom „Vasahamn“, DEM Gasthafen der Stadt und ganz in der Nähe vom Vasamuseet und dem Vergnügungspark. Hier fanden wir auch noch einige freie Bojen, was im „Vasahamn“ vielleicht nicht so einfach der Fall gewesen wäre. Großsegelpersenning drauf, Kuchenbude aufgebaut Vorsegel zusammengelegt, beim Hafenmeister einchecken, ein ordentliches Abendbrot auf den Tisch, noch schnell unter die Dusche und dann fielen wir (und besonders ich, denn ich hatte ja kaum geschlafen) todmüde in die Kojen.

Dieser Beitrag wurde unter 2012 Rund Ostsee abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert