Silver Rudder 2013

Unter Gennaker im Großen Belt

Unter Gennaker im Großen Belt

Fertig wie Flasche leer – so fühle ich mich, als ich wieder in Svendborg festgemacht habe. Über 36 Stunden waren wir unterwegs, das war lange – zu lange. Seit Fredericia hatte ich das Gefühl die Regatta ist zu Ende, und von da aus fahren wir nur noch in den Hafen zurück. Als es wieder dämmert narrt mich die Genua 3, die zusammengerollt unter Deck vor der Niedergangstreppe steht. Immer wieder denke ich, da unten steht jemand, der mit mir spricht – total übermüdet.

Der Strom spült uns über die Linie

Der Strom spült uns über die Linie

Aber der Reihe nach: Um 9 Uhr ist der dritte Start, da sind wir dran. Null Wind, der Strom schiebt den ganzen Pulk über die Startlinie. Ab und zu kommt ein leichter Hauch und wir kämpfen uns kreuzend aus dem Svendborgsund hinaus. An der Thurö Rev Tonne gehen die Spinnaker hoch. Halben Winds gehts es mit 3-4 Knoten nach Norden. Bei dem Kurs macht sich der flache Gennaker richtig gut. Ein Begleitboot vom Veranstalter und Stefan von der YACHT machen schöne Fotos von uns. Wir überholen diverse Boote (meist aus den Starts vor uns), aber wir sind auch schneller als die „Molich X“ oder die „Ylva’s“, die mit ihren großen Vorwindspinnakern (noch) nicht punkten können.

Den Gennaker fahre ich aus der Hand

Den Gennaker fahre ich aus der Hand

Vor der Großen Belt Brücke parken wir einige Zeit in einer totalen Flaute ein. Nach zwei Stunden kommt etwas Wind aus NNE wieder und wir mühen uns unter der Brücke hindurch. Vor Kerteminde wieder „Zwangspause“, dann setzt sich leichter W-Wind durch. Wie an einer Kette aufgereiht segeln wir weiter nach Norden. Es ist inzwischen stockfinster. Bei Korshavn geht es um die Ecke. An der Kreuz fehlt mir mein weggeflogener Windex sehr. Und ohne Windex und ohne Instrumente kann ich nur nach Gefühl hoch am Wind segeln. Hier werden wir wohl auf die Konkurrenz verlieren. Mit kurzen Schlägen kreuzen wir in Richtung Abelö. Kurz bevor wir die rote Tonne nördlich der Insel zu fassen haben, dreht der Wind von WNW auf WSW, also nix mit Anlieger in den Kleinen Belt (vorher konnten wir 240 Grad genau halten), schön weiter kreuzen.

Nach 36 Stunden am Ziel

Nach 36 Stunden am Ziel

Langsam wird es wieder hell. Und windiger. Wird langsam ein bißchen viel für die große Genua? Das war aber nicht angesagt! Geht noch? Vielleicht… Aber die Wolken, die da kommen… Geht nicht mehr! Runter mit der „1“, hoch mit der „3“! So ist es besser. Eine Stunde später sind die Böen durch und es geht wieder die „1“ hoch.. Mittags passieren wir Fredericia und Middelfart. Ich überhole noch ein paar Boote aus dem Start vor mir (eine Dehler 34 und ein Waarship 1010). Jetzt noch etwas Straßenbahnfahren, dann sind wir im Ziel, denke ich mir. Bei W 4-5 rutschen wir schnell den Kleinen Belt runter. Groß Navigieren braucht man nicht, es sind genug Boote vor uns, die uns den Weg weisen.

"Papa schläft", kommentiert Mara

„Papa schläft“, kommentiert Mara

Platt vor dem Laken segeln wir in den Svendborg Sund. Nochmal den Gennaker hoch? Kein direkter Konkurrent in Sicht, ich glaube die ausgebaumte Genua tut es auch. Wir überholen eine „Ylva“, der Skipper ist wohl auch fix und foxi. Als wir vorbei sind, baumt er auch sein Vorsegel aus. Langsam wird es wieder dunkel. Bevor es vor der Brücke eng wird, nehme ich schon mal das Vorsegel weg und lege Leinen und Fender klar. Im Kopf ist für mich das Race wirklich schon zu Ende. Dann darf die „Ylva“ auch noch mal überholen, die waren ja eigentlich auch schon vor uns hier. Das Begleitboot vom Veranstalter kommt auf uns zu. Stefan von der YACHT macht ein paar Fotos von einem völlig übermüdeten Segler. Nicht mehr im „Race-Modus“, auch nicht mehr im „Cruising Modus“, jetzt schon eher im „Harbour-Modus“. In der Landabdeckung ist inzwischen kaum noch Wind und es dauert noch eine Weile, bis wir endlich unter der Brücke hindurch und im Ziel sind. Geschafft!

Gut, dass noch ein einheimisches Boot vor mir in den Hafen fährt. Ohne den hätte ich das richtige Hafenbecken, total übermüdet und von den vielen Lichter, Spiegelungen im Wasser, „bedrohlichen“ Schatten getäuscht, nicht so einfach gefunden. Die Veranstalter haben eine Party organisiert, aber ich bin im Kopf völlig leer. Zwei Bier, zwei Teller vom Buffet – interessant wie gut frischer Salat schmeckt, schon nach 36 Stunden Segeln. Wie muss das erst nach einer Non-Stop Einhandweltumsegelung sein? – und dann falle ich nur noch totmüde in die Koje. Wievielter bin ich eigentlich geworden? Keine Ahnung, da kümmer ich mich später drum…

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