Spot an!

Suchscheinwerfer beleuchten die Fahrrinne im Eis in der Nacht

Suchscheinwerfer beleuchten die Fahrrinne im Eis in der Nacht

Als es gestern Abend dunkel ist, klart es auf. Deutlich sind am Horizont die Lichter von Raahe zu sehen. Da Johan als 1. Offizier morgen den Ladevorgang überwachen muss, übernimmt der Kapitän ab 22 Uhr seine Wache. Ich bleibe noch auf der Brücke, weil ich das Eis sehen will. Im Dunkeln wird der Kapitän richtig gesprächig, erklärt mir alles mögliche über die Eisfahrt und drumherum. Er hat jetzt auch noch eineinhalb Wochen Dienst, dann vier Wochen frei, und dann noch einmal vier Wochen arbeiten. Die letzten vier Wochen, dann ist er Rentner. Ob er schon Pläne hat für die Zeit? Reisen würde er gerne. Sich fortbilden. Es gäbe so viele Kurse die 10 Wochen dauerten, die er aber wegen des vier Wochen on/off Rhythmus nie wahrnehmen konnte. Das Kochen zu Hause würde er übernehmen, da seine Frau noch einige Zeit arbeiten müsste. Und alte Menschen bei Behördengängen (oder anderen Dingen die geregelt werden müssen) unterstützen, das sei ihm eine Herzensangelegenheit.

Eisbrecher auf Station zwischen Oulu und Kemi

Eisbrecher auf Station zwischen Oulu und Kemi

Wieso der Kurs unter der Finnischen Küste? Die Finnischen-Schwedischen Behörden geben Wegpunkte an, denen die Schiffe in der Eisfahrt folgen müssen. Je nach Windrichtung kann das Eis entweder an der Schwedischen oder an der Finnischen Küste leichter sein. Wenn alle Schiffe dem gleichen Track folgen, ist es auch für die Eisbrecher leichter. Immer noch kein Eis? Doch, bald kann man eine klare Trennlinie auf dem Radarschirm sehen, die immer näher kommt. Trotz der Dunkelheit kann man ein weißes Eisfeld sehen, dem wir uns schnell nähern. Ob es gleich rumpelt? Kein Geräusch. Das Eis besteht zunächst aus einzelnen runden Schollen, die die Bugwelle noch leicht zur Seite drückt.

Eisbrecher OHRO am nächsten Tag bei Licht

Eisbrecher URHO am nächsten Tag bei Licht

Spot an! Unsere beiden Suchscheinwerfer tasten mit dicken Lichtfingern ins Dunkel und lassen die Fahrrinne sichtbar werden. „Brush Ice Channel“, der Begriff, den ich von den Kollegen aus dem Eistank nur zu gut kenne, wird für mich jetzt begreifbar. In Schlangenlinien folgen wir der Fahrrinne, weichen dicken Schollen aus. Die Geschwindigkeit ist von fast 19 kn auf etwa 13 kn gesunken. Wenn das „Brush Ice“ dünner wird, werden auch wieder 15 kn draus, wenn es dicker wird, sackt sie auch mal auf 10 kn ab. Ab und zu rumpelt es, aber lange nicht so laut wie ich erwartet habe. Wir passieren den ersten Eisbrecher, der neben der Fahrrinne wartet, ob jemand (in diesem Falle wir) Hilfe braucht. Bis Kemi sind drei Eisbrecher hier draußen im Eis auf Position.

Hafen von Kemi beim Einlaufen morgens um 4 Uhr

Hafen von Kemi beim Einlaufen morgens um 4 Uhr

Vor uns tauchen die Lichter von Kemi und der Nachbarstädte in der Ferne auf. Ein Richtfeuer zeigt uns an, wo genau die Hafeneinfahrt liegt. Wir kommen an einer Lotsenstation im Eis vorbei. Die Lotsen werden mit einem Hydrokopter über das Festeis an die Eiskante gebracht. Mit einer Art auf dem Eis liegenden Leiter überbrücken die Lotsen das kurze Stück Scholleneis zwischen Festeis und Schiff. Ein Lotsenversetzboot könnte hier jetzt nicht fahren. Der Hafen von Kemi ist winzig klein. Er liegt einiges außerhalb von Kemi auf der Insel Housukari. Drei kleine Kümos liegen auch schon hier. Hinter der Mole dreht der Kapitän die TRANSTIMBER auf dem Teller und zirkelt sie rückwärts an den Kai. Vor uns fährt der Hafenschlepper einmal am Kai hin und her, um das Eis aufzulockern. Wir übergeben zwei Achtersprings und der Kapitän legt sein Schiff achtern an einen Fender, vorne hält er mit dem Bugstrahlruder eine Schiffsbreite Abstand zum Kai. Dann lässt er den Propeller langsam achteraus gehen und spült so mit dem Strahl des Propellers und des Bugstrahlruders langsam das lose Eis weg, das sich zwischen Schiff und Kai befindet. Um 3:38 Uhr sind wir in Kemi fest. Kollege Rupp aus dem Eistank hätte seine Freude an dem Manöver gehabt!

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