Schotterpiste nach Oulu

Auslaufen aus Kemi

Auslaufen aus Kemi

Im Halbschlaf merke ich, dass Ladung an Bord bewegt wird. Wenn die 100 t SECU Boxen abgestellt werden, geht jedesmal ein Ruck durch das Schiff. Langsam werde ich wach. Das Handy zeigt kurz vor 9 Uhr (Finnische Zeit), aber die „Bordzeit“ ist erst kurz vor 8 Uhr, dann kann ich ja auch noch schnell frühstücken. Ein großer Topf Griesbrei steht auf dem Buffet, vor mir hat sich da noch niemand dran getraut. Lecker! Es ist hell, aber viel weiter als heute Nacht im dunkeln kann man auch nicht sehen. Alles grau, es schneit ein wenig. Am späten Vormittag soll es eigentlich weiter gehen, aber um 11 Uhr tut sich noch nichts, um 12 Uhr gehen wir erst noch zum Mittagessen. Der Chief weiß, um 13 Uhr geht es weiter.

"Schneebedeckte Fahrbahn"

„Schneebedeckte Fahrbahn“

In meinem Winter-Arbeitsanzug stehe ich auf dem Peildeck, als wir auslaufen. TRANSTIMBER schiebt sich durch das Eis in die Fahrrinne. Ein paar Photos bei Licht möchte ich machen, von dort oben. Die im Eis eingefrorenen Tonnen, die Lotsenleiter, den ersten Eisbrecher neben der Fahrrinne auf dem Weg nach Oulu. Lange überlege ich, wie es sich anfühlt, hier durch das Eis zu fahren. Vielleicht ein bisschen so, wie auf einer Schotterpiste. Das Geräusch ist eher so schleifend, als wenn man eine riesige Badewanne durch Sand schiebt. Das Schiff rüttelt und schüttelt sich, manchmal läuft ein Stoß durch die Stahlhülle. Erstaunlich, immerhin sind hier ungefähr 24.000 t in Bewegung. Das Eis in der Fahrrinne sieht aus wie eine frisch aufgebrochene Ackerfurche, links und rechts davon ist alles glatt, unberührt, Eis mit Schneewehen darüber. Wüste. Eiswüste.

Mit dieser "Leiter" kommen die Lotsen im Eis an Bord

Mit dieser „Leiter“ kommen die Lotsen im Eis an Bord

Irgendwie fühlt es sich völlig anders an, als auf See zu sein. Während man im offenen Wasser seinen Kurs jederzeit ändern kann, wie es einem passt, ist man hier im Eis völlig festgelegt. Man kann nur den Fahrrinnen der Eisbrecher folgen. Hin oder zurück. Aber nicht links und nicht rechts. Die sonst freie Wahlmöglichkeit auf See ist vollkommen – eingefroren. Einmal weichen wir zu weit nach Steuerbord von der Fahrrine ab, prompt bekommen wir die Quittung, die Geschwindigkeit sackt auf unter 8 Knoten ab. Schnell zurück in die „Spur“.

Kapitän und 2. Offizier im Eis

Kapitän und 2. Offizier im Eis

Als wir uns Oulu nähern wird die Sicht noch schlechter, die Welt immer konturloser und langsam wird es auch schon wieder dunkel. Das sagenhafte Niflheim: das Land der Nebel, der Kälte und der Finsternis.

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